Dienstag, 3. August 2010
Intensität als Antwort auf scheinbar unlösbare Fragen

Bath-Sahaw Baranow
Teilnehmerin der österreichischen Gruppe
Es besteht kein Zweifel, dass man sich auf ein Experiment einlässt, indem man am Peacecamp teilnimmt. Selbstverständlich stiegen vor allem in den Tagen vor dem ersten Zusammentreffen der internationalen Gruppen am Flughafen Wien Schwechat die Erwartungen und nicht zuletzt auch die Nervosität, sogar erste Befürchtungen über die Richtigkeit der Entscheidung zur Teilnahme befielen mich. Würde ich tatsächlich mit allem, was in Reibers an Konflikten auftauchen würde, fertig werden? Mittlerweile war ich mir nicht mehr sicher. Langsam versammelte sich die österreichische Delegation und bereitete sich auf die Begrüßung der beiden israelischen Gruppen vor. Doch nach deren Ankunft war eine deutliche Schüchternheit von allen Seiten zu spüren. Noch isolierten sich die Gruppen und es gab Berührungsängste.
Schließlich wurde verkündet, dass es ein Problem mit dem Bus der ungarischen Peacecamper gab, und die Wartezeit füllte jede Gruppe anders, so holte Nevo Gat, ein jüdisch-israelisch Teilnehmer des Camps seine Gitarre aus dem Koffer und sorgte für musikalische Unterhaltung, während sich ein Großteil der österreichischen Gruppe im Bus um den Laptop mit der Präsentation für den österreichischen Culture Evening versammelte, um letzte Vorbereitungen zu treffen.
Die Culture Evening waren eine der Besonderheiten für jeden einzelnen Teilnehmer, über die Workshops hinaus stellten sie vielleicht sogar die beste Möglichkeit für den Aufbau eines gegenseitigen Verständnisses und gegenseitig entgegengebrachter Toleranz dar. Denn die anfängliche Vorsicht, die zur Isolation und dem bewussten Einhalten eines gewissen Abstands beitrug, musste und wollte immerhin abgebaut werden. So war es ein Schlüsselmoment, als nach dem arabischen Kulturabend eine Teilnehmerin der österreichischen Delegation, die gebeten wurde, bei der Präsentation auszuhelfen, begeistert feststellte, dass die einzige arabisch-israelische Teilnehmerin mit Kopftuch unheimlich freundlich und auch offenherzig war.
Doch die Workshops, die unter Anleitung von Künstlern aus dem Theaterbereich stattfanden, ermöglichten in erster Linie das Näherkommen in jener Geschwindigkeit, wie sie in den zehn Tagen in Reibers folgte. Vor allem die Intensität des Austausches, sei es nun auf kultureller oder einfach nur auf sozialer Ebene zwischen uns allen, macht das Peacecamp zu etwas Besonderem.
Als wir am Ende des Camps nach Wien fuhren, um im Dschungel Wien einige der erarbeiteten Performances zu präsentieren wurde mir eines klar: Insgesamt waren wir zu Anfang 34 junge Menschen gewesen, unter denen es vereinzelt Freundschaften gegeben hatte, doch auf den ersten Blick hatten wir nicht unbedingt viel gemeinsam, außer der Teilnahme am Peacecamp – Allerdings wurde uns hier gezeigt, wie wenig dies der Wahrheit entsprach, innerhalb von nur zehn Tagen habe ich 33 neue Freunde gefunden, die mir alle am Herzen liegen.
Vermutlich zeigt sich das starke freundschaftliche Band auch dadurch, dass wir Jugendlichen in Reibers etwas Neues versucht haben, ohne sich um Herkunft, Religion, Aussehen und dergleichen zu kümmern haben wir gemeinsam etwas erarbeitet, mit mehreren Resultaten. Uns wurde gezeigt, dass viele Dinge, von denen wir glauben, es wäre unmöglich sie zu erreichen, erreicht werden können. Denn wir haben sie erreicht und es ist noch nicht vorbei, wie die Peacecamp-Generationen vor uns haben auch wir bereits Treffen in Budapest vereinbart und freuen uns darauf, nicht den Kontakt zu verlieren und das Peacecamp nicht nur in bester Erinnerung zu behalten, sondern auch darauf zu achten, unsere dort entstandenen Ideen und Visionen gemeinsam in die Tat umzusetzen.

... comment